Ob von der Benutzung eines E-Bikes generell eine größere Schadengefahr ausgeht als von einem normalen Fahrrad, hatte jüngst ein Gericht zu klären.
Das Gefahrenpotenzial eines E-Bikes ist deutlich höher einzustufen als das eines herkömmlichen Fahrrades. Kommt es zwischen zwei derartigen Verkehrsmitteln zu einem Unfall, ist das bei der Klärung der Haftungsfrage zu berücksichtigen, so das Amtsgericht Cloppenburg in einem aktuellen Urteil (Az.: 21 C 778/19).
Auf einem Radweg, der in beide Richtungen befahren werden durfte, war einem E-Bikefahrer eine Gruppe von sechs Jugendlichen, die mit herkömmlichen Fahrrädern fuhren, entgegengekommen. Der E-Bikefahrer hatte wegen der entgegenkommenden Velofahrer zunächst in einer Bucht des Weges angehalten. Noch bevor ihn der letzte Radler passiert hatte, fuhr er jedoch plötzlich los.
Dabei kam es zu einer Kollision mit dem zuletzt in der Kolonne fahrenden jugendlichen Fahrradfahrer. Der E-Bikefahrer verklagte daraufhin den jugendlichen Unfallgegner auf Schadenersatz und Schmerzensgeld für die Verletzungen und den Schaden an seinem E-Bike, die er aufgrund des Unfalles erlitten hatte.
Gegenseitige Schuldvorwürfe nach Fahrradunfall mit E-Bike
Der E-Biker behauptete dabei, dass es zu dem Unfall nur deswegen gekommen sei, weil ihn der seiner Wahrnehmung nach betrunkene Jugendliche übersehen und sich nicht an das Rechtsfahrgebot gehalten habe.
Dieser warf dem Kläger seinerseits vor, mit seinem E-Bike deutlich zu schnell gewesen zu sein und nicht genügend Abstand zu der entgegenkommenden Kolonne eingehalten zu haben. Den Vorwurf, Alkohol konsumiert zu haben, wies der Jugendliche von sich.
Der Fall landete schließlich vor dem Cloppenburger Amtsgericht. Das hielt die Klage des E-Bikefahrers auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld für unbegründet.
Nicht zu klärende Schuldfrage
Berücksichtige man die Behauptungen der Unfallbeteiligten, ist es nach Ansicht der Richter nicht möglich, die Schuldfrage zu klären. Zeugen, die das Unglück hätten beobachten können, seien nicht vorhanden. Denn die Gruppe der Radler habe sich nach vorne orientiert.
Das Gericht war jedoch überzeugt, dass die Behauptung des Klägers, er und sein Zweirad seien von den Jugendlichen und insbesondere von dem Unfallbeteiligten übersehen worden, nicht zutreffe. Das habe die Anhörung des Beklagten ergeben, der den Sachverhalt nachvollziehbar und unvoreingenommen geschildert habe. Auch dass dieser betrunken gewesen sein soll, habe der Kläger nicht nachweisen können.
Es sei jedoch unstreitig, dass der E-Bikefahrer zunächst kurz in einer Bucht gehalten habe und dann trotz der ihm entgegenkommenden Kolonne plötzlich losgefahren sei.
Höheres Gefährdungspotenzial eines E-Bikes
Es sei zwar nicht auszuschließen, dass der Beklagte und der unmittelbar vor ihm fahrende Radler nicht ganz sauber hintereinandergefahren und es dadurch zu einer Behinderung gekommen sei. „Wer aber letztlich die gedachte Mittellinie des erkennbar nicht sehr breiten Radwegs überschritten und dadurch die Kollision verursacht hat, blieb im Dunkeln“, so die Richter.
Ungeklärt sei auch, warum der Kläger offenbar wegen der ihm entgegenkommenden Gruppe zunächst in der Bucht angehalten und dann gleichwohl zügig beschleunigend losgefahren sei.
Bei diesem Vorgang habe sich das grundsätzlich höhere Gefährdungspotenzial eines E-Bikes gegenüber dem eines herkömmlichen Fahrrads verwirklicht. Das müsse sich der Mann zurechnen lassen. Seine Klage sei daher mangels Beweisen zurückzuweisen.
Welche Versicherung aufkommt?
Grundsätzlich sind Unfallschäden bei anderen, die man als Radfahrer mit einem Fahrrad verursacht, über die eigene Privathaftpflicht-Versicherung – sofern eine solche Police besteht – abgesichert. Das gilt in vielen Privathaftpflicht-Policen auch für Fahrer eines Pedelecs mit einer maximalen Motorleistung von 250 Watt, das den Fahrer beim Treten höchstens bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern unterstützt, und wofür kein Versicherungs-Kennzeichen vorgeschrieben ist.
Eine solche Privathaftpflicht-Police wehrt aber auch ungerechtfertigte oder überhöhte Forderungen ab, die an einen Rad- oder Pedelecfahrer gestellt werden. Wer als Rad- oder Pedelecfahrer keine solche Privathaftpflicht-Police hat, muss den Schaden aus der eigenen Tasche zahlen. Für ein E-Bike, das alleine von der Motorleistung auf über sechs bis maximal 45 Stundenkilometern angetrieben wird, ohne dass man treten muss, oder das mit einer Tretunterstützung auch über 25 Stundenkilometern ausgestattet ist, benötigt man hingegen ein Versicherungs-Kennzeichen.
Dieses Versicherungs-Kennzeichen, das von fast jedem Kfz-Versicherer angeboten wird, bestätigt nämlich, dass die für die genannten E-Bikes gesetzlich vorgeschriebene Kfz-Haftpflichtversicherung besteht. Die Kfz-Haftpflichtversicherung kommt für die Unfallschäden auf, die bei anderen mit dem versicherten E-Bike versehentlich angerichtet wurden, sie wehrt aber auch ungerechtfertigte oder zu hohe Forderungen der tatsächlichen oder angeblichen Unfallgegner ab.
Quelle: (verpd)